Früher habe ich den Herbst nie gemocht. Der Herbst war immer nur nass und kühl. Er nahm mir die Gelegenheit, kurze Shorts und Röcke zu tragen. Der Herbst ließ in meiner Wahrnehmung die Bäume kahl und die Tage kürzer werden. Er beendete meine Lieblingsjahreszeit.
Ich frage mich, ob es am Alter liegt, dass ich den Herbst immer mehr zu schätzen weiß, oder ob es am richtigen Partner liegt, mit dem ein verregneter Herbsttag sogleich schöner wird – aber von Jahr zu Jahr weiß ich den Herbst mehr zu schätzen. Die Bäume werden nicht mehr vorrangig als kahl und traurig wahrgenommen, sondern bunt und lebendig. Das Nasskalte Wetter ist mit ihm an meiner Seite nur noch halb so schlimm und das Zuhause umso schöner. Es wird früher dunkel – damit man mehr Zeit hat, um abends in aller Ruhe auf dem Sofa zu entspannen – ohne Angst haben zu müssen, man könnte draußen etwas aufregendes verpassen. Der Herbst lässt mich kreativer werden. Die Outfits werden wieder aufwendiger. Ich hole wieder Leder, Grobstrick und Fellwesten aus meinem Schrank und kombiniere sie zu Seide, Chiffon und Wildleder. Es macht mich glücklich, warm eingemummelt morgens auf die Bahn zu warten und im Büro angekommen, den ersten heißen Tee am Morgen zu trinken. Ich gehe gerne spazieren und erfreue mich daran, wie sich Mini im Herbstlaub wälzt (auch wenn ich den kleinen Stinker dann eventuell mal abduschen muss, um die Kriegsbemalung wieder abzubekommen). Ich suche aktiv nach einem Wellnessurlaub in den Bergen (früher undenkbar für mich), möchte in einer stillen Hütte (wenn auch mit Sauna und Whirlpool im Schnee) ein paar Tage ohne Internet, Lärm und vor allem meinem Handy verbringen. All das, was für mich vor einigen Jahren noch schlimm war, empfinde ich nun als angenehm. Ich fühle mich angekommen – zwar noch strebend nach mehr – aber doch irgendwie angekommen.
Komisch, wie sich Menschen verändern – noch komischer, wenn man sich hinsetzt und über sich selbst und seine Veränderungen nachdenkt. Was war denn deine größte Veränderung in letzter Zeit? Erzähl es mir!